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05. Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden 03.12.2008
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der Musikbad Pyrmont Kulturstiftung am 3. 12. 2008 Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin und mit ihr alle Damen und Herren meines Vorstands, verehrte Stifterinnen und Stifter, geneigte Damen und geehrte Herren, ich begrüße Sie alle recht herzlich zu dieser öffentlichen Stiftungs-rat-Versammlung. Ich bedanke mich für Ihr Interesse und für die Aufmerksamkeit der anwesenden Vertreter der schreibenden und funkenden Medien, die unsere Arbeit stets interessiert begleitet haben. Satzungsgemäß begrüße ich Sie bei dieser Gelegenheit immer als Stifterrepräsentant (d. h. ich leite als lebenslang bestimmter Sprecher aller Stifterrinnen und Stifter stets diese Versammlung), aber ich habe zugleich noch in Personalunion die Aufgabe, Ihnen als der auf Zeit gewählte Vorsitzende der Musikbad Pyrmont Kulturstiftung einen Bericht über das zu Ende gehende Jahr 2008 zu geben. Dabei habe ich zuvor die traurige Pflicht, des plötzlichen Todes unseres Schatzmeisters Hartmut Kuhn zu gedenken. Er wurde so abrupt aus seiner Familie, seiner Arbeit und der Mitte des Lebens gerissen, daß die Betroffenheit über sein Sterben noch andauert. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Zählte er doch zu der Handvoll Menschen, die die konzeptionellen Grundlagen unserer Stiftung im Sommer und Herbst 2003 mit erarbeitet haben. An-schließend hat er durch seine Vorstandstätigkeit dazu beigetragen, daß die gefundene Form auch mit praktischem Leben erfüllt wurde. Seine Genauigkeit, sein Pflichtbewußtsein und seine unbedingte Verläßlichkeit prädestinierten ihn für sein Amt auf das Idealste. Durch eine entsprechende Zuwendung gehörte er seit der Gründung gemeinsam mit seiner Frau zum Stiftungsrat. Was mich mit ihm verband, war darüber hinaus auch ein grenzenloses, unausgesprochenes Vertrauen. Die Zusammenarbeit war deshalb für uns beide eine besonders beglückende Erfahrung, die jetzt zu meiner dauerhaften Erinnerung werden wird. Diese Kulturstiftung hat mit Hartmut Kuhn einen Mann verloren, der mit seiner pragmatischen Vernunft half, viele Probleme zu lösen und dessen idealistische Gesinnung wir als sein Vermächtnis bewahren wollen. Ich bitte Sie, sich zu seinem Gedenken von Ihren Plätzen zu erheben. Nach den großen Anstrengungen, die im letzten Jahr zur Restau-rierung der Konzerthausorgel geführt hatten, verlief dieses Jahr äußerlich in ruhigeren Bahnen, auch wenn sich hinter den Kulissen einiges ereignete, daß sich auf unseren Konzertbetrieb noch positiv auswirken wird. So haben wir z. B. jetzt durch den besten Kenner der Orgelbauerfamilie Fabritius weitere Erkenntnisse über diese Orgelbauerdynastie bekommen und werden im Jahr 2010 zum Schumann-Jahr wohl ein besonderes Projekt mit Herrn Langer (Düsseldorf) präsentieren. Darüber hinaus hatten wir mit Herrn Blüthner aus Leipzig ein ausführliches Grundsatzgespräch, das sich konkret auf die Konzertplanung der „arche“ auswirken wird. Da bewährt sich die Kulturstiftung immer als ideal vernetzte Plattform, auch wenn sie als Konzertveranstalter selbst gar nicht auftritt. Direkt gefördert haben wir a) das Staatsbad mit der Klavier-Show von Hans Liberg; b) die arche mit dem Klavierabend Henri Siegfridssons, für den dann Julian Gorus bravourös einsprang; c) die Musikschule mit Mitteln für die musikalische Früherziehung aller Vorschulkinder, für die Blechbläserklasse, den Klassenmusiziertag und das Folgeprojekt „1. Klasse Musik in allen Grundschulen“; d) die Pyrmonter Orgeltage mit dem Konzert für Klavier und Orgel von Irmtraut und Felix Friedrich (Altenburg). Von den Vorstandsmitgliedern sind direkt im Konzertleben aufgetreten unsere allzeit aktiven Künstler Arndt Jubal Mehring mit „Serenaden am Teehaus“, und er war auch beteiligt bei dem großen Orgelkonzert, das Oliver Kluge im Konzerthaus gab. Beide haben dann zusammen mit mir den musikalisch-literarischen Abend zur Erinnerung an Hans Helfritz gestaltet. Eine Veranstaltung in einem neuen Format, mit der wir auch den heutigen Abend durchaus vorbereitet haben, da ja Walter Stöver seinerzeit für die Uraufführung des Cembalo-Konzertes von Helfritz verantwortlich gewesen ist. Ich will auch nicht unterschlagen, daß ich die einzige „Leihgabe“ Bad Pyrmonts war, die anläßlich der Königin-Emma-Ausstellungen „an den Arolser Hof“ ausgeliehen wurde. Zusammen mit der Capella Orlandi Bremen stellte ich dort mit einer Lesung „Einen Tag am Pyrmonter Brunnen von Anno dazumal“ vor, was zwei Tage vor Taufe des Pyrmonter Emma-Platzes auch den Fürsten erfreute. Im Historischen Bildkalender von Rainer Schönbach sind auch für 2009 wieder alle Konzerttermine dankenswerterweise aufgenommen und verzeichnet. Ein Service, der gut aufgenommen wird. Sie wissen, daß 2000,- Euro die Latte bilden, die man überspringen muß, um lebenslang Mitglied im Stiftungsrat zu werden. Ich bin sehr erfreut, daß ich Ihnen mitteilen kann, daß wir jetzt einen „Hochspringer“ mehr unter uns haben. Es handelt sich um Herrn Dr. med. Kai Bodien, den ich hiermit sehr herzlich willkommen heiße. Um Nachahmung wird gebeten. Betrachten Sie alle unsere heutige Veranstaltung auch als entsprechendes Trainingslager. Ich habe bei anderer Gelegenheit mir zu diesem Thema schon nicht die Pointe verkneifen können, die ich gern wiederhole, indem ich den französischen Moralisten La Rochefoucauld zitiere, der gesagt hat: „Dankbarkeit ist bei den meisten nichts als ein geheimes Verlangen, noch größere Wohltaten zu empfangen.“ Das Ehepaar Mehring hat anläßlich ihrer Goldenen Hochzeit auf die Geschenke verzichtet und 900,- Euro der Stiftungskasse gespendet, für die wir herzlichen Dank sagen. Nach diesem noch freudig verlebten Tag ist Herr Dieter Mehring leider nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Ich spreche Herrn Arndt Jubal Mehring und seiner Mutter unser aller Beileid zu diesem großen Verlust aus. Einen runden Geburtstag hat dagegen Frau Dr. med. Jutta Giersch-Meermann zum nachahmenswerten Anlaß genommen, uns eine Hälfte ihrer Geburtstagsgeschenke als Spende weiterzureichen. Wir freuen uns deshalb über diese 1000,- Euro. Herzlichen Dank auch für diese tätige Unterstützung unserer Vorhaben. Frau Dr. Giersch-Meermann hat das Maß unseres Glücks aber noch voller gemacht. Wie? Nun, sie hat auf meine einfache Frage: „Wollen Sie in der Nachfolge Hartmut Kuhns Schatzmeisterin der Kulturstiftung werden?“ mit einem einsilbigen: „Ja!“ geantwortet. In einer Vorstandssitzung vor Beginn dieser Sitzung haben wir sie einstimmig gewählt, und Sie dürfen sie jetzt beglückwünschen! Ich bitte Frau Doktor, sich kurz selbst vorzustellen. (Statement) Ich freue mich auf die künftige Zusammenarbeit und damit wäre gleichzeitig Punkt vier der Tagesordnung erfolgreich abgearbeitet. Zu den Finanzen selbst kann ich sagen, daß wir die internationale Finanzkrise gut überstanden haben. Ein irgendwie gearteter Verlust konnte nicht eintreten, weil wir so angelegt haben, wie wir alle zusammen privat gerne hätten. Ich übergebe die Kuhn-Akten jetzt an die neue Schatzmeisterin und bitte um Verständnis daß ich weitere qualifizierte Aussagen zu den Finanzen nicht geben kann. Die Kontobewegungen spielen sich alle in einem normalen Rahmen ab. Unsere wesentlichen Anstrengungen dieses Jahres waren dagegen darauf gerichtet, ein neues spektakuläres Projekt zu verwirklichen, das sich hinter dem Punkt fünf der Tagesordnung verbirgt:„Der originale Königin-Luise-Klang“. Was wir so im Stillen in den letzten beiden Jahren vorbereitet haben, wird dann der Höhepunkt des Jahres 2009 werden. Worum geht es? Seit 2002 befindet sich ein ganz einzigartiges Clavichord aus dem Eigentum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz – bislang wenig beachtet – als Dauerleihgabe im „Museum im Schloß Pyrmont“. Der „Fürstenhof“-Pächter „Kommissionsrat“ Johann Conrad Hemmerich kaufte dieses „Klavier“ dem königlichen Hofkapellmeister und Komponisten Friedrich Heinrich Himmel ab, um es Königin Luise zu schenken, „weil sie dies Instrument vorzüglich liebte“! Bei ihrem Aufenthalt 1806 hatten ihr Himmel bzw. Auguste Charlotte Hemmerich täglich darauf vorgespielt. Die Pyrmonterin hielt das stolz und ausführlich in einer Inschrift auf dem Resonanzboden fest. Das Haus Hemmerich stellt im Zentrum noch immer einen städtebaulich sehr markanten Punkt dar, zugleich ist die Erinnerung an den Besuch der Monarchin hier allenthalben sehr lebendig geblieben, so daß der mit beiden Namen verbundene „Klangkörper“ zu Recht als ein besonders würdiges Stück der Heimatgeschichte bezeichnet werden kann. Die Info-Tafel im Schloß verwechselt übrigens den Schenker, Kommissionsrat Hemmerich, mit dem namensgleichen Bürgermeister (gab’s erst ab 1850), der aber viel später lebte. Die „Musikbad Pyrmont Kulturstiftung“ hat nun das niveauvolle Anliegen, dieses im Jahre 1800 von Johann Christian Jürgensen in Schleswig gebaute Instrument wieder klanglich zu reaktivieren. Wir verbinden damit den Wunsch, mit diesem Clavichord ein glanzvolles Kapitel Pyrmonter Musikgeschichte für das Publikum wieder sinnlich hör- und erlebbar zu machen. Dies empfinden wir auch in Erfüllung unseres Stiftungsauftrags als eine ehrenvolle Aufgabe. Wir denken deshalb daran, dies jetzt mit Sponsorengeldern und aus eigener finanzieller Kraft zu bewerkstelligen. Es ist uns gelungen, die Stadtsparkasse Bad Pyrmont von dem Vorhaben insoweit zu überzeugen, daß die Finanzierung als sicher angesehen werden kann. Der Vorstand hat mir geschrieben, daß er unsere Initiative zur Konservierung und Restaurierung des für Bad Pyrmont bedeutsamen Kulturgutes besonders würdigen und deshalb unterstützen möchte. Eine Solidarität, die ich mit großer Dankbarkeit hervorheben will. Nach den ersten internen Gesprächen, die von Oliver Kluge angestoßen wurden, habe ich im Dezember 2007 zunächst dem „Kuratorium Schloß“ unsere Planungsgedanken vorgetragen. Nach dessen zustimmender Kenntnisnahme wandte ich mich dann im Januar an den „Eigentümer“ des Instrumentes, den Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Herrn Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster. Nachdem ich auch von seiner Seite eine positive Einschätzung schriftlich erhielt, hat dann in einem Brief an Dr. Alfter und mich das in engerem Sinne zuständige Berliner Kunstgewerbemuseum, vertreten durch die Frau Direktorin Dr. Angela Schönberger, unserem Anliegen endgültig zugestimmt. Zuvor hatte sie eine Prüfung und Stellungnahme von Frau Prof. Dr. Conny Restle, Direktorin des Musikinstrumenten-Museums, in Absprache mit dem Chefrestaurator des Kunstgewerbemuseums, Herrn Hans-Werner Pape, eingeholt. Ich selbst hatte mir für meine Stiftung vom Berliner Instrumentenmacher Andreas Hermert eine Aufstellung der auszuführenden Arbeiten machen lassen. Erst nach diesen notwendigen und, wie Sie bemerkt haben, auch recht umfangreichen Weichenstellungen, ist heute der Tag gekommen, in der ich das ehrgeizige Projekt nicht nur wie üblich als möglichen Plan, sondern bereits als ganz konkretes Vorhaben der Öffentlichkeit präsentieren kann. Nachdem die Restaurierung der Pyrmonter Konzertsaalorgel realisiert, der Kleine Saal mit dem Blüthner-Konzertflügel ausgestattet werden konnte und mit dem Telemann-Garten ein Denkmal für diesen Komponisten verwirklicht wurde, wollen wir nun erneut einen außergewöhnlichen musikalischen Pyrmonter Schatz heben. Die Kulturstiftung hat das Ziel vor Augen, nach über 200 Jahren tote Tasten für die Menschen wieder zum Leben zu erwecken! Wohl wissend, welche gewaltigen Aufgaben die Stiftung Preußischer Kulturbesitz im nationalen Interesse augenblicklich verwirklichen muß, haben wir uns entschlossen, sie von allen diesbezüglich entstehenden Belastungen freizuhalten und die Kosten der Restaurierung lokal zu organisieren, da sie ansonsten gewiß unterbleiben würde! Also ganz ähnlich wie im Falle der Konzerthausorgel. Der Restaurator Andreas Hermert wird mit diesen notwendigen Arbeiten beauftragt. Er hat einerseits große Erfahrung mit historischen Tasteninstrumenten und andererseits auch bereits gut mit den Berliner Institutionen zusammengearbeitet. Selbstverständlich sollte das wieder spielbare Clavichord auch ein- bis zweimal im Jahr für Konzerte in dem dafür ideal geeigneten Saal der Beletage des Pyrmonter Schlosses eingesetzt werden. Da es in Deutschland nur noch ca. 100 originale Instrumente gibt, entspricht es auch denkmalpflegerischen Interessen, wenn mit unserer Initiative das historische Klangbild eines bisher stummen Clavichords wieder hörbar würde. Die entsprechende Literatur, die den typischen feinen, warmen Ton derartiger Tasteninstrumente voraussetzt, wartet nur darauf, neuerlich gespielt zu werden. Der auf Pyrmont bezogene geschichtliche „Königin-Luise-Hintergrund“ liefert dazu überdies jene besondere Folie, die das Instrument selbst für diejenigen Menschen interessant machen wird, die keine ausgewiesenen Musikliebhaber im engeren Sinn sind. Der Charme, privater „Ohrenzeuge“ von Königin Luise werden zu können, sollte auch überregional seine Wirkung entfalten... Es ist zu unserer Freude bereits gelungen, über Oliver Kluges gute Verbindungen, den weltweit profiliertesten Cembalisten unserer Zeit und den berühmten Begründer der Historischen Aufführungspraxis, Gustav Leonhardt (Amsterdam), für das Einweihungskonzert am 8. 11. 2009 zu gewinnen! Damit erfährt das Projekt seine adäquate ausdrucksstarke künstlerische Abrundung. Das Konzert wird im Rahmen der arche unter der Schirmherrschaft unserer Kulturstiftung veranstaltet werden. Auch das ist unter Dach und Fach. Was soll ich nun noch sagen? Sie sehen einen Vorsitzenden vor sich, der stolz und glücklich auf die eingetretene Entwicklung ist. Vor allem aber unendlich dankbar. Ich bedanke mich vor allem bei den Damen und Herren meines Vorstands für Ihren Einsatz im Dienste der Sache und bei Ihnen allen dafür, daß Sie mir so geduldig und aufmerksam zugehört haben. TOP 6: Herr Dr. Peter Stöver hat uns schon vor einiger Zeit, die musikalisch relevanten Teile des Nachlasses von Walter Stöver übergeben. Wir haben im Vorstand entschieden, diese für das Musikbad wichtigen Archivalien, zusammen mit aufgetauchten Traversa-Noten und nun auch noch die „arche“-Akten zur dauerhaften Archivierung an das Stadtarchiv weiterzugeben, da nur dort eine gesicherte Bestandsgarantie gewährleistet ist. Die das Musikbad Pyrmont betreffenden Dokumente gehören ins Stadtarchiv! Ich freue mich außerordentlich, daß wir Dich, lieber Peter, heute als lebendigen Zeitzeugen begrüßen dürfen, der aus seiner persönlichen Sicht noch einen Blick auf das Musikleben der Vorkriegszeit werfen kann, bevor es endgültig in den Aktendeckeln des Archivs versinkt.