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11. Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden Titus Malms zur öffentlichen Stiftungsrat-Versammlung der Musikbad Pyrmont Kulturstiftung am 23.01.2015
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Sehr geehrter Herr Bürgermeister Klaus Blome und alle weiteren Damen und Herren meines Vorstands, verehrte Stifterinnen und Stifter, geneigte Damen und geehrte Herren, ich begrüße Sie alle recht herzlich zu dieser öffentlichen Stiftungsrat-Versammlung und bedanke mich wiederum für das Privileg, sie im Ratssaal abzuhalten, was für uns schon zu einer kleinen Tradition geworden ist. Ich begrüße insbesondere auch die anwesenden Vertreter der schreibenden und sendenden Medien, die unsere Arbeit immer interessiert begleitet haben. Satzungsgemäß begrüße ich Sie bei dieser Gelegenheit immer als Stifterrepräsentant (der als der Sprecher aller Stifterrinnen und Stifter stets diese Versammlung leitet), aber ich habe zugleich noch in Personalunion die Aufgabe, Ihnen und damit auch der Öffentlichkeit als der amtierende Vorsitzende der Musikbad Pyrmont Kulturstiftung einen Bericht über das Jahr 2014 zu geben. Ich bitte also unseren prominenten Gast, Herrn Volker Schmidt-Gertenbach, den ich hiermit recht herzlich begrüße(!), noch um etwas Geduld, um zuvor meiner Pflicht zu genügen. Aber um ihn nicht allzu sehr warten zu lassen, werde ich mich bemühen, nur die wirklich wesentlichen Punkte anzusprechen. Zu Beginn möchte ich zwei grundlegende Personalien mitteilen. Das betrifft einmal die bisherige Bürgermeisterin Frau Elke Christina Roeder, die qua Amt dem Vorstand der Kulturstiftung angehörte. Ich habe sie in unserer turnusmäßigen Vorstandssitzung im September mit einem Blumenstrauß verabschiedet und ihr für die achtjährige ̶ wie ich mich mit musikalischem Vokabular ausgedrückt habe ̶ stets harmonische Zusammenarbeit gedankt. Gleichzeitig haben wir soeben in der vor dieser Versammlung durchgeführten Vorstandssitzung an ihrer Stelle Herrn Bürgermeister Klaus Blome in den Vorstand berufen, den ich hiermit ganz herzlich mit allen Ehrenbezeugungen der musikalischen Zunft begrüße und bei uns aufnehme! Herzlich willkommen! Die andere Personalie betrifft Frau Dr. med. Jutta Meermann, die nun ihren Lebensmittelpunkt in das schöne Münster verlegt hat. Sie hat uns seit dem Tod von Hartmut Kuhn 2008 als Schatzmeisterin gedient. Dieses Amt hat sie mit Engagement und Freude verwaltet. Sie hat die Finanzen, wo es ging, vermehrt und sich damit in unser Gedächtnis eingeschrieben, in dem der Name Meermann schon vorher als Stifteradresse verewigt war! Mit diesem Blumenstrauß möchte ich symbolisch unseren Dank zum Ausdruck bringen! Bei der Suche nach einem Nachfolger für das vakante Amt sind wir mit Herrn Bruno Fritz fündig geworden, den wir soeben auch in den Vorstand gewählt haben. Mit ihm kommt jemand ins Amt, der einerseits als langjähriger Abonnent der Konzertreihe die wichtige nötige Liebe zur Musik mitbringt und andererseits eine jahrzehntelange Erfahrung als ehrenamtlicher Verwalter einer institutionellen Kasse einbringt. Mit ihm begrüßen wir aber zugleich mal wieder einen neuen Zustifter, so daß wir ihn in doppelter Funktion erfreut willkommen heißen können! Der Gewohnheit entsprechend rufe ich in Erinnerung, was wir 2014 im einzelnen bezuschusst haben: Das Sinfoniekonzert mit der Mährischen Philharmonie Olmütz, das zur Aufführung brachte die Variationen über ein empfindsames Thema von Walter Stöver, das 1. Klavierkonzert von Peter Tschaikowsky und die 7. Sinfonie von Beethoven, die Leitung hatte der Ehrengast unseres heutigen Abends. Ferner haben wir ein Konzert der Arche Kammermusik unterstützt, das „Ausdruck und Virtuosität auf acht Celloseiten“ mit sich brachte. Das Duo Ruh-Stepp spielte Kompositionen von Haydn, Offenbach, Popper, Britten und Penderecki. Die Musikschule Bad Pyrmont nahm ihre Fördermittel für die musikalische Früherziehung aller Vorschulkinder in Bad Pyrmont und für die Finanzierung der Musikschule in Anspruch. Das Jahr 2014 stand ganz im Zeichen des zehnjährigen Bestehens unserer Kulturstiftung. Dazu muss man wissen, dass wir im Dezember des Jahres 2003 gegründet wurden, gleichwohl haben wir eben nicht im Dezember 2013 an dieses Ereignis erinnert, sondern, weil der Dezember nun schon generell randvoll mit Terminen ist, das auf den Januar des Jahres 2014 verschoben. Sehr frühzeitig hatten wir mit der NDR Radiophilharmonie aus Hannover Kontakt aufgenommen, um dieses Jubiläum mit einem festlichen Konzert zu begehen. Um das entsprechend vorzubereiten, hatte sich der Orchesterleiter, Matthias Ilkenhans, bereit erklärt, als Ehrengast der Stiftungsrat-Versammlung vor einem Jahr den Fokus einerseits auf das Orchester zu lenken, das gerade von einer sehr erfolgreichen Tournee durch Japan zurückgekehrt war, und andererseits die Aufmerksamkeit auf das Konzert unter dem Chefdirigenten Eivind Gullberg Jensen zu richten, der die große siebte Sinfonie von Anton Bruckner zur Aufführung brachte. Zuvor erklangen virtuose Bruckner-Orgelvariationen mit Oliver Kluge. Nebenbei gesagt, kam dabei auch die nicht uninteressante gemeinsame Geschichte Bad Pyrmonts mit diesem Klangkörper wieder zur Sprache, die sich an den Namen Otto Ebel von Sosen und Walter Stöver festmachen lässt. Die Presse feierte dieses Sonderkonzert als vorweggenommenen Saisonhöhepunkt, so daß ich wirklich beglückt auf unser gelungenes erstes Jubiläum zurückblicken darf. Wie schon so oft, hatte sich damit unsere Kulturstiftung wieder spürbar in das lebendige Musikleben unserer Stadt eingebracht. Ich nutzte eine weitere Gelegenheit, die sich mir bot, um das auch theoretisch zu untermauern. Das ergab sich dadurch, dass die Stadt Bad Pyrmont ihr Vorhaben, als Weltkulturerbe eingetragen zu werden, durch eine Reihe von Vorträgen unterfüttern wollte und mich dabei für das Musikleben als Referenten verpflichtete. Auf diese Weise bin ich mit einer bislang noch nie beobachteten Gründlichkeit allen (über 100) vorhandenen Quellen nachgegangen, darunter auch vielen, die vorher noch nie herangezogen worden waren. Das führte dazu, dass unser Blick auf das musikalische Geschehen in unserer Stadt an einigen Stellen um wesentliche Aspekte bereichert werden konnte. Die Stadt beabsichtigte von Anfang an, die vorgelegten Vorträge in einer Broschüre zusammenzufassen, so daß deren Kernaussagen in Zukunft als gesicherte Erkenntnisse erhalten bleiben dürften. Ganz wichtig war mir die Aussage, dass Pyrmont tatsächlich das älteste deutsche Musikbad ist und mindestens seit 1706 auf eine kontinuierliche Tradition öffentlicher Konzerte zurückblicken kann. Es stößt immer wieder auf Erstaunen, wenn ich dabei definitiv behaupten und belegen kann, dass London, Hamburg, Paris oder Wien erst später, z. T. sehr viel später nachgezogen haben. Das mag mancher gar nicht glauben. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum dieser Superlativ von Pyrmont auch nie beansprucht worden ist, jedenfalls war es bisher niemandem aufgefallen, und es ist höchste Zeit, dass wir unseren Ruf als Musikbad dadurch festigen, dass wir von diesem, unseren ersten Rang Gebrauch machen. Denn es ist natürlich ein Unterschied, ob man das nur mal eben so nebenbei zur Kenntnis nimmt, oder ob man die Tatsache, dass Musik seit über dreihundert Jahren in Pyrmont eine Heimat hat und live zu erleben ist(!), aktiv vermarktet und tatsächlich als großes Alleinstellungsmerkmal stolz für sich in Anspruch nimmt. D. h. konkret, sehr verehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, Bad Pyrmont müßte neben den unbezweifelbaren Vorzügen, die ihm aufgrund seiner natürlichen Heilmittel zugewachsen sind, unbedingt ganz konsequent seine seit Jahrhunderten unter Beweis gestellten Qualitäten als Musikbad, bzw. allgemeiner gesagt, als Standort kultureller Aktivitäten herausstellen, die ihm auch seine ganz charakteristischen Eigenschaften verleihen. Ich bin davon überzeugt, dass, wenn man das mit der nötigen, nachhaltigen Konsequenz täte, die Folgen davon auch positiv messbar zu Buche schlagen würden. Insofern plädiere ich hier nicht etwa für eine L’art-pour-l’art-Philoso-phie, so wie das vielleicht einige Lokalpolitiker einordnen, sondern ich rede von einer beharrlichen Ausschöpfung der gegebenen Standort-Vorteile. Ich möchte z. B. Herrn Blome darum bitten, darauf zu achten, daß im Aufsichtsrat der BPT derartige Grundsätze im Interesse unserer Stadt nicht untergehen. Die gleiche Bitte geht sinngemäß auch an Frau Schauer bezüglich der Vermarktung des Veranstaltungsprogramms. Vielleicht kann uns also damit das neue Bewusstsein von einer ganz großen Vergangenheit auch einer größeren Zukunft entgegenführen! Es kommt darauf an, diese Nagelprobe einmal zu wagen! Meine Damen und Herren, Sie haben vielleicht auch zur Kenntnis genommen, dass die schwedische Nobelstiftung aus Geldknappheit einen Teil der Preisgelder gestrichen hat. Damit wird schlagartig die weltweit kritische Situation der Stiftungen deutlich. Die rund 20.000 deutschen gemeinnützigen Organisationen, die rund 100 Milliarden € an Kapital in den Depots haben ̶ die sie aber nach dem Stiftungsrecht nicht antasten dürfen ̶ sind darauf angewiesen, dass eine ausreichende Rendite für den Stiftungszweck zur Verfügung steht. Seit die Notenbanken der Welt uns aber historisch niedrige Zinsen verordnet haben, ist es damit vorbei. Jeder weiß das. Insbesondere die kleinen Stiftungen, wie wir eine sind, erwirtschaften fast gar nichts mehr. Damit ist das Gros der gemeinnützigen Organisationen hierzulande betroffen. Ich weiß wirklich nicht, wie wir aus dieser Klemme herauskommen sollen, wenn ich in der Zeitung lese, dass bereits jetzt 33 % aller Stiftungen hierzulande ihren Stiftungszweck nicht mehr erfüllen können. Werden jedoch nicht mehr genügend Erträge erzielt, um den Bestand der Stiftung und die Finanzierung von Projekten sicherzustellen, droht ihnen der Entzug der Gemeinnützigkeit und damit auch das Ende der Steuerfreiheit. Damit gerät eine bislang so verlässliche Stütze der Zivilgesellschaft ins Wanken. In einer solchen Situation gibt es nur zwei Auswege: 1. Kosten einsparen. Das verbietet sich für uns, weil wir praktisch keine Kosten verursachen. 2. Spenden von Bürgern und Unternehmen einwerben, um flüssig zu bleiben. Bei der Struktur Pyrmonts mit seinen nur wenigen Wirtschaftsbetrieben bleiben also zum Schluss im Grunde nur die Bürger übrig. Also Sie! Insofern versuche ich heute mein Glück, und appelliere an die Bürgerschaft insgesamt, im Interesse eines intakten, lebendigen Musiklebens, unsere Kulturstiftung nachhaltig zu unterstützen. Gleichzeitig stelle ich in aller Klarheit heraus, dass damit die Musikschule, die Konzerte des Staatsbades und der Arche, mithin der Kernbestandteil unseres Musiklebens gefördert wird. Das ist offenbar noch immer nicht jedem Sponsor klar. Jeder Spender hat aber auch die Möglichkeit, mit seiner Zuwendung nur einen einzigen dieser satzungsgemäßen Empfänger zu unterstützen. Wer sich noch nachhaltiger für diese Ziele verwenden möchte, wird mit einer Spende von 2000 € auch lebenslanges Mitglied unseres Stiftungsrates. Ich denke, Sie haben Verständnis dafür, dass ich als Vorsitzender der Stiftung die Dinge hier so unverblümt anspreche. Denn es macht keinen Sinn, in dieser ernsten Situation darüber hinweg zu sehen. Wir werden ohne die tätige Mithilfe der Bürgerschaft nicht auskommen. Ich gebe Ihnen dafür auch ein ganz aktuelles Beispiel. Bei meiner oben angesprochenen intensiven Beschäftigung mit Pyrmonts Musikgeschichte ist u. a. herausgekommen, dass wir insbesondere ein wesentliches Kapitel neu bewerten müssen. Das gilt für die Gründung der Nordwestdeutschen Philharmonie im Jahre 1946 in Bad Pyrmont. Ich will im einzelnen jetzt nicht darauf eingehen, das können wir in einem Jahr tun, wenn es nämlich darum gehen wird, an dieses Ereignis von vor 70 Jahren zu erinnern. Ich habe aber aus meiner ganz aktuellen Beschäftigung heraus bereits im letzten Frühling Kontakt mit der Leitung des seit 1950 in Herford beheimateten Orchesters aufgenommen. Insbesondere habe ich den Herfordern meine Ausführungen bezüglich der Entstehungsgeschichte ihres Orchesters zugänglich gemacht, da diese Pyrmonter Vorgeschichte in der Historie des Orchesters meines Erachtens völlig zu kurz gekommen ist. Aus diesem Kontakt heraus entwickelte ich meinen Vorschlag, im Jahre 2016 an der Gründungsstätte, also im Konzerthaus, mit einem entsprechenden Jubiläumskonzert an die wegweisende Tat vor 70 Jahren zu erinnern. Nach einem Besuch des Herforder Intendanten, Herrn Kuntze, mit dem Geschäftsführer des Orchesters in Bad Pyrmont, hat unser Vorstand beschlossen, dass wir 2016 ein Jubiläumskonzert mit diesem bedeutenden Klangkörper, der ohne Pyrmont, ohne Walter Stöver gar nicht denkbar wäre, verbindlich vereinbaren und unterstützen wollen. Damit haben wir also wieder (u. a. nach Beethovens Neunter, Mozarts Requiem und Bruckners Siebter) ein Projekt vor Augen, dass des Schweißes der Edlen wert ist. Und damit schließe ich auch unmittelbar an das an, was ich zur Finanzsituation gesagt habe. Wir werden nämlich dieses Jahr dazu nutzen müssen, Spendengelder einzuwerben, um dies Konzert zu finanzieren. Wenn Sie so wollen, habe ich im Vertrauen auf das Pyrmonter Musik-Publikum einen bislang noch ungedeckten Scheck auf die Zukunft ausgestellt. Ich habe mal wieder den Mut und die Hoffnung, dass er eingelöst werden kann. Damit schließe ich nahtlos an meine schon früher vorgetragene Bitte an: „Spenden Sie uns keinen Trost, trösten sie uns vielmehr mit einer Spende!“ Bitte lassen Sie uns auch jetzt nicht im Stich, meine Damen und Herren! Ich danke meinem Vorstand, ich danke Ihnen allen!