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Aktuelles

Grußwort zur Einweihung der restaurierten Konzerthausorgel 04.03.2007

Titus Malms, Vorsitzender der Musikbad Pyrmont Kulturstiftung, zur Einweihung der restaurierten Konzertsaal-Orgel, anläßlich des Sinfoniekonzertes im Konzerthaus von Bad Pyrmont, 4.3.07: Sehr geehrte Abgeordnete des Bundes und des Landes: Frau Lösekrug-Möller und Frau Körtner, Frau Staatssekretärin Hermenau, Frau Bürgermeisterin Roeder und insbesondere Herr Kurdirektor Blome als Hausherr, verehrte Stifter, Sponsoren und vor allem meine lieben Freundinnen und Freunde der Musik, vor ca. 100 Jahren definierte Ferruccio Busoni Musik als „klingende Luft“. Kein Instrument macht das hörbarer als ein „Aerophon“, also ein „Lufttöner“, wie man die Orgel musikwissenschaftlich auch benannt hat. Der große Blasebalg – der als „Herz-Lungen-Maschine“ des Werkes auf dem Boden dieses Saalbaus nun wieder Dienst tut – wird reichlich mehr „klingende Luft“, oder sagen wir allgemeiner: „frische Luft“ in die Musikkultur unserer Badestadt bringen. Und das Pyrmonter Publikum kann sich über den zurückgewonnenen privilegierten Platz in der norddeutschen Konzertlandschaft freuen! Daß es ca. 45 Jahre gedauert hat, bis unsere Orgel den „zweiten Wind“ bekam, hat viele Gründe. Einer ist z. B. der, daß mit einer Orgel fast automatisch immer nur die Vorstellung „Kirchenorgel“ verbunden wird, die als „ancilla Domini“, also „Magd des Herrn“ im christlichen Gottesdienst erbrausen soll. Auf dieses verkürzte Verständnis gründet sich ja auch der etwas respektlose Spruch: Gibt’s auch keinen Gott dort oben, gibt’s doch viele die ihn loben. Daß dies bleibe, wie es ist, wünscht sich fromm der Organist. Bis die Orgel aber gegen den langanhaltenden Widerstand der Kirchenväter überhaupt zu einem liturgischen Instrument wurde, hatte sie als Palastorgel schon elfhundert Jahre lang weltliches und höfisches Zeremoniell begleitet! Davon wird allgemein wenig Notiz genommen; wie man eben auch die entgegengesetzte Entwicklung meist übersieht, daß nämlich seit Mendelssohn immer mehr Orgelmusik für den reinen Konzertgebrauch komponiert worden ist. So gibt es z. B. allein ein paar hundert Konzerte mit Orchester. Gewiß, in den Metropolen, in den Konzertsälen von Rang, ist deshalb fast immer eine Orgel vorhanden, oftmals im prunkvollen Stil; aber in der Provinz fiel der aufwendige Einbau doch meistens den leidenschaftslosen Sparkommissaren zum Opfer. Man muß die Preußen schon sehr dafür loben, daß sie 1928 beim Bau des Konzerthauses nicht darauf verzichtet haben, diese anspruchsvolle Ausstattung zu verwirklichen, über die seit den Kriegsverlusten nun kein vergleichbarer Konzertsaal Niedersachsens mehr verfügt. Dieser in unserer ganzen Region so seltene Vorzug hat aber die meisten Besucher des Konzerthauses glauben lassen, der Prospekt unserer Orgel sei auch nur eine tonlose Repräsentation. Die Pointe des realen Instruments ist allerdings: Die Hälfte der sichtbaren Pfeifen bleibt tatsächlich stumm und verdeckt nur die dahinter arbeitenden ca. 1.500 klingenden Pfeifen. Das ist fast so, wie im wirklichen Leben. (Auch da verdeckt manche Pfeife d. aktive bs. Hälfte.) Am 25. September 2004, mithin vor nur knapp zweieinhalb Jahren(!), habe ich an dieser Stelle sehnsüchtig ausgerufen: „Da oben, (zur Orgel zeigend), das ist keine Dekoration – das ist ein Instrument! Da sollen wieder alle Register gezogen werden! Die wollen wir hören, nicht erst im Himmel, sondern hier auf Erden!“ Damals brach an dieser Stelle spontaner, kräftiger Beifall im Publikum los. Doch dabei blieb es nicht. Meine stets vorgetragene Maxime: „Bitte spenden Sie uns keinen Trost, trösten Sie uns lieber mit einer Spende!“, löste schließlich ein solch’ unerwartet kräftiges Echo aus, daß wir diese Aufgabe konkret anpacken konnten. Eine Aufgabe, für die bisher so recht keine Institution zuständig oder verantwortlich war. Dagegen hat die Musikbad Pyrmont Kulturstiftung die Restaurierung und Erhaltung der Orgel bereits bei ihrer Gründung u. a. zu ihrem ordentlichen Satzungs-Zweck erhoben. Dessen schnelle Verwirklichung ist auch der glücklichen Entscheidung zu verdanken, genau das richtige professionelle Team in unseren Vorstand zu berufen, das dann für alle bisher verwirklichten Ziele auch die optimalen Voraussetzungen mitbrachte! So stelle ich z. B. aus Respekt vor der Wahrheit fest, daß niemand so begabt war, um bei Sponsoren erfolgreich aufzutreten, wie mein seinerzeitiges Vorstandsmitglied Klaus-Henning Demuth. Ohne die vom vormaligen Bürgermeister so beherzt eingeworbenen Zuwendungen bzw. Drittmittel gäbe es sicher nicht schon heute diese festliche Instrumentenfeier! Wenn ich das hier dankbar öffentlich würdige, dann will ich natürlich nicht das wertvolle Engagement anderer Adressen klein reden. Im Gegenteil, ich kann die Namen gar nicht alle nennen, die mit kleinen, mittleren und größeren Beträgen unser Projekt unterstützt oder auf andere Weise bis hin zu Benefiz-Konzerten dazu beigetragen haben. Herausheben will ich aber die wirklich ganz außergewöhnliche Förderung durch die Niedersächsische Sparkassenstif-tung, die sich mit 37.500,- Euro mäzenatisch engagierte (Dank an Geschäftsführerin Frau Dr. Schormann, bzw. dem stellv. Geschäfts-führer Herrn Schormann – beide aber keineswegs verwandt!). Ein Betrag in dem die Zusage der Herren Laufer und Johannink über 9.375,- Euro von der Stadtsparkasse Bad Pyrmont enthalten ist. 10.000,- Euro steuerte das Staatsbad bei, wobei ich gleichzeitig gerne die nun schon dritte freundschaftliche und für Pyrmont so erfolgreiche Zusammenarbeit mit Herrn Kurdirektor Blome hervorheben möchte. (Blüthner/Telemanngarten) 7.500,- Euro spendeten die VGH Versicherungen Hannover (Vorstandsvorsitzender: Dr. Pohlhausen). 5.000,- Euro erhielten wir aus dem noch vom vorigen Stadtrat beschlossenen Haushalt 2006, und nicht zuletzt hat meine Kulturstiftung (mit Einschluß der privaten Zuwendungen) 15.000,- Euro aufgebracht. Ich danke allen genannten und ungenannten Sponsoren in Erwartung der neuen Klangwelten sehr ausdrücklich, nachhaltig und herzlich. Besonderer Dank gilt auch dem Orgelbaumeister Steinmann mit seinem Team aus Vlotho, der das Instrument kunstreich wieder spielbar gemacht hat. Gebaut wurde es von der Meisterwerkstatt Josef Fabritius in Düsseldorf-Kaiserswerth, die seit 1740 bestand und erst vor fünf Jahren erlosch. Die hier verwendete pneumatische Orgelkonstruktion ist inzwischen in ganz Deutschland zu einer wertvollen Rarität geworden. Der größte Feind jeder Orgel, der vorgeblich so moderne Zeitgeist, hat diesen Typus jahrelang fast überall wegsaniert und sein sinfonisch-spätromantisches Klangideal zerstört. Hier und jetzt können Sie es wieder authentisch hören! Dies ist gewiß ein glücklicher Tag für Bad Pyrmont. Auch für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, und ich möchte heute mit niemandem tauschen. Oder vielleicht höchstens mit einem – und zwar dem Organisten, der erstmals auch als Titularorganist des Konzerthauses aktiv wird. In Deutschland sind bekanntermaßen nur noch zwei weitere Konzerthausorganisten bestellt worden. Nämlich am Schauspielhaus Berlin und am Gewandhaus Leipzig – wie man hört, auch ganz gute Adressen... Also, damit das klar ist: Nicht Hamburg oder Köln, nicht Frankfurt oder München etc. haben eine derartige Stelle besetzt. Aber Berlin, Leipzig und Bad Pyrmont. In den beiden anderen Häusern ist der Posten allerdings mit einem Gehalt verbunden. Da kann man wieder mal sehen, Frau Staatssekretärin, wie effizient Herr Blome hier verhandelt hat... Aber Geld ist ja nicht alles: Denn welch’ ein Seelengaudium, wenn ich die Orgel spiele! Und weidlich im Präludium mit Händ’ und Füßen wühle. (C. D. Schubart) So wie es bei einem alten Dichter steht, so stelle ich mir das auch tatsächlich vor. Schon am 3. Mai können Sie wieder dabei sein und miterleben, wie Oliver Kluge mehr Klangmöglichkeiten des Instruments in einem Benefizkonzert zugunsten der Kulturstiftung auslotet... Denn die laufenden musikalischen Aufgaben erfordern weiter stetige Anstrengungen! (Deshalb haben wir auch die ,Orgelbox’ wieder im Foyer aufgestellt, um Ihrer Dankbarkeit und Großzügigkeit keine Grenzen zu setzen.) Damit unser Musikbad so programmiert und orchestriert werden kann, daß es da bleibt, wo es jetzt ist, und wo Sie alle es erwarten: Nämlich – an der Spitze!